Bilder und einführender Text zur Veranstaltung "Von der Saar zum Ebro"

Am 5. Oktober 2016 luden die Aktion 3. Welt Saar, die Buchhandlung Rote Zora und die Peter-Imandt-Gesellschaft / Rosa Luxemburg Stiftung nach Merzig ein zu einer Lesung mit dem Historiker Max Hewer: "Von der Saar zum Ebro: SaarländerInnen im Spanischen Bürgerkrieg". (Einladung und weitere Informationen)

Gertrud Selzer, Vorstandsmitglied der Aktion 3.Welt Saar und Inhaberin der Buchhandlung Rote Zora, Merzig, führte in die Thematik ein. Ihr Redemanuskript

Es gilt das gesprochene Wort

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Am Kampf der jungen spanischen Republik gegen die 1936 putschenden faschistischen Militärs unter General Franco beteiligten sich auch viele Freiwillige aus anderen Ländern. Auch aus Deutschland, auch aus dem Saargebiet.

Aber 80 Jahre spanischer Bürgerkrieg…..? Das ist doch lange her und längst vorbei. Nicht ganz.

Es gibt gleich eine dreifache Aktualität dieser Auseinandersetzung:

1.) Die banale aber tiefgehende Frage: Warum gehen Menschen in ein anderes Land und kämpfen dort mit der Waffe in der Hand?

  • für Freiheit,
  • für Menschenrechte und letztlich
  • dafür, dass alle etwas zu essen haben?

Die Aktualität des spanischen Bürgerkrieges flackerte in den 80er Jahren auf, als – sie nannten sich ebenfalls Brigadisten – Menschen der politischen Linken aus Europa und auch aus Deutschland nach Nicaragua gingen. Sie wollten das damals noch etwas sozialistisch angehauchte Projekt der Sandinisten gegen die Interventionen der USA verteidigen.

Heute stellt sich diese Frage ebenfalls – im Kontext der Kämpfe gegen den islamischen Staat. Und hier insbesondere in der kurdischen Selbstverwaltungsregion ROJAVA in Nordsyrien. Dort gelang es kurdischen Kräften – genauer gesagt der PKK und der syrischen kurdischen Partei PYD – dem IS im Kampf um Kobâne die erste militärische Niederlage beizubringen. Es gibt aus mehreren Ländern Menschen, die sich diesem Kampf gegen den IS anschließen – wenn auch die Zahl nicht mit der der Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg zu vergleichen ist. 
Jedenfalls habe ich vor denen großen Respekt, auch wenn ich vielleicht nicht in jedem Fall mit ihnen politisch einer Meinung bin.

2.) Und es gibt noch eine Aktualität, auf die ich verweisen möchte.

Als es im vergangenen Jahr Flüchtlingen gelang, die Festung Europa ein bisschen durchlässiger zu machen, da gab es das geflügelte Wort „Der kurze Sommer der Migration“
Dieser Begriff „Der kurze Sommer der Migration“ ist eine Repblik auf das bahnbrechende Werk von Hans Magnus Enzensberger „Der kurze Sommer der Anarchie.“  Es ist DAS literarische Denkmal für den spanischen Anarchisten Buenaventura Durrutti, der eine der führenden Personen im spanischen Bürgerkrieg war.

Der Bürgerkrieg war leider nicht nur ein Krieg zwischen den Freunden der Republik einerseits gegen die Faschisten unter Franco., sondern leider auch ein innerlinker Bruder- und Schwesterkampf zwischen den von der Sowjetunion unterstützten internationalen Brigraden und der damals kleinen kommunistischen spanischen Partei, die eben nicht nur die Franco Faschisten bekämpften sondern auch zum Teil die spanischen Anarchisten.

Darum geht es uns heute nicht. Trotzdem muss dies aus Gründen historischer Redlichkeit erwähnt werden.

Persönlich bin ich auf diesen innerlinken Konflikt gestoßen durch das fulminante Werk „Mein Katalonien“ von George Orwell, der ebenfalls als Freiwilliger am Bürgerkrieg in Spanien teilnahm. Orwell war nicht nur ein begnadeter Schriftsteller sondern auch ein ebensolcher Journalist und Kriegsberichtserstatter. Ich kann Ihnen „Mein Katalonien“ nur empfehlen. Es ist noch lieferbar.

3.) Der letzte Grund, warum der spanische Bürgerkrieg immer noch aktuell ist, bzw. „uns“ etwas zurück gelassen hat ist der Begriff der 5. Kolonne.

Zur Zeit des kalten Krieges war „5. Kolonne Moskaus“ ein gern verwendetes Schimpfwort von ultrakonservativen Kreisen – zum Beispiel gegen Menschen wie mich. Bis heute wird der Begriff „5.Kolonne“ gerne verwendet, um eine andere Person oder eine Gruppe von Menschen des Verrats oder einer verdeckten Operation zu bezichtigen.
Der Ursprung liegt im spanischen Bürgerkrieg: Die 5. Kolonne war eine faschistische Militäreinheit, die verdeckt operierte und die Eroberung von Madrid durch die Faschisten ermöglichen sollte. Was aber nicht gelang.

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So ist das manchmal, wenn man sich mit Geschichte beschäftigt. Die Annahme, Geschichte sei vorbei, ist so gut wie immer ein Trugschluss. Im Gegenteil: Geschichte wird gemacht. Fragt sich nur, von wem. Sehen wir zu, dass wir uns daran beteiligen.

Neben der Rolle der anarchistischen Bewegung, werden wir auch ein anderes relevantes Thema heute nicht behandeln: Die Rolle der jüdischen Freiwilligen. Dazu verweise ich auf das grundlegende Buch von Arno Lustiger. Er hat den jüdischen Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg das nötige Denkmal gesetzt.